Geleitwort zu dem Buch "Soziale Marktwirtschaft in Russland"

„Die“ Marktwirtschaft und „die“ Demokratie gibt es nicht. Von einigen unverzichtbaren Grundvoraussetzungen abgesehen, wird das konkrete Erscheinungsbild einer marktwirtschaftlich und demokratisch geordneten Gesellschaft stets von der Geschichte, den Traditionen, kurz gesagt, von der Kultur oder den Kulturen des betreffenden Landes und seiner Bewohner geprägt.

Daher wäre es falsch, in Bezug auf Russland einfach einem „westernizing“ das Wort zu reden.

Gleichwohl müssen wir Russland möglichst viel Marktwirtschaft und Demokratie wünschen, weil es nach allgemeiner geschichtlicher Erfahrung Besseres nicht gibt. Dabei nenne ich bewusst die Marktwirtschaft zuerst. Denn ohne ein Mindestmaß an Wohlstand für alle, das heißt für die europäische Tradition: ohne Soziale Marktwirtschaft, hat auch in Russland Demokratie keine Chance.

Russland verdient unsere Hilfe zur Selbsthilfe. Europa braucht Russland, und der Westen hat dem neuen Russland einiges zu verdanken: Die unblutige Freigabe der ehemaligen Ostblockländer, die geordnete Rückführung des Sowjetreiches und die beharrliche Hinwendung zu den europäischen Wurzeln und Werten, wenn der Weg auch steinig ist.

Die immer noch unzulänglichen Investitionsbedingungen in Russland sind bekannt. Manche Beispiele erfolgreicher Investitionen gibt es bereits, aber immer wieder auch Rückschläge. Und der Ölpreisboom hat die Bemühungen um Reformen eher gedämpft.

Aber gerade wir Deutschen haben am Bespiel unserer neuen Bundesländer, der ehemaligen DDR, lernen müssen, wie mühsam und zeitraubend Transformation ist. Sobald die Russen ihre Exporterlöse und ihr Erspartes nicht mehr ins Ausland schaffen, sondern zunächst einmal im eigenen Land investieren, wird auch für westliche Investoren die Stunde geschlagen haben.

Haben wir Geduld, die Zeit wird kommen !


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