Aurora - 1. Internet-Konferenz

Konferenzprotokoll - Pressemitteilung - Podiumsgäste

Zukunftsvisionen im Kosmos zwischen Ost und West

Dr. Achim Zickler: Ich begrüße die Teilnehmer der Konferenz und freue mich, daß das Thema Kosmos mit diesen modernen Kommunikationsmitteln diskutiert werden kann. Ich erhoffe mir interessante Fragestellungen und einen lebhaften Gedankenaustausch.

27.02.98, 11:21 Uhr

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Jürgen A. Christ: Viel Erfolg bei der Konferenz und sonnige Grüße aus dem trüben Leipzig !

27.02.98, 14:21 Uhr

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Eberhard Dörr, Essen: Frage an die Experten - wann geht denn die nächste "EuroMIR" an den Start ?

27.02.98, 15:02 Uhr

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Sommer, Berlin: Was fasziniert Sie als Renter noch am Kosmos?

Dr. Achim Zickler: Faszination Raumfahrt ist doch nicht ans Alter gebunden. Wenn man es mir anbieten würde - ich schaue mir gern die Erde noch einmal von außen an.

27.02.98, 15:14 Uhr

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Dr. Achim Zickler: Zu der EuroMIR-Frage: Zur Zeit ist von der ESA keine Euromir-Mission geplant. Es steht allerdings ein französischer Mitflug auf der Mir-Station noch aus; er wurde verschoben wegen der Reparaturen an der Station. Dieser Flug ist direkt zwischen der französischen CNES und der russischen Raumfahrtagentur RKA vereinbart.

27.02.98, 15:21 Uhr

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Bernd von den Brincken, Moderation: Es würde mich als Moderator ja interessieren, ob es unter den Besuchern irgendwelche überzeugten Raumfahrt-Kritiker gibt, Fans haben wir hier ja genug...

27.02.98, 15:26 Uhr

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Andrei Bjalko: Herr Zickler, sagen Sie bitte, waren Sie schon im Weltall?

27.02.98, 15:39 Uhr

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Dr. Achim Zickler: Nein, selbst war ich noch nicht im Weltraum. Die Anmerkung "noch einmal" war zu verstehen im Sinne: Nachdem man die Erde immer aus nächster Nähe betrachtet hat, wäre es interessant - sozusagen als krönenden Abschluß - das Ganze noch einmal von oben zu sehen. Besser also: "auch einmal" statt "noch einmal".

27.02.98, 15:49 Uhr

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Bischof: Ich habe Ihre verrückten Pläne gelesen. Wann fliegen Sie denn konkret ins All? Auf die MIR oder die neue Station? By the way: Wie überlebt man als ARTronaut?

Charles Wilp: Als ARTronaut überlebt man mit purem Sauerstoff. Aber im ernst: Als ARTronaut überlebt man fern aller Naturwissenschaften, im Erkennen einer neuen Sicht der Sinnesorgane. Zur wirtschaftlichen Seite: Man überlebt dadurch, daß die Raumfahrt Werbung braucht. Kunst ist Werbung.

27.02.98, 15:55 Uhr

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Andrei Bjalko, Frechen: Ist der Traum von Kosmos nicht ausgelebt? Menschen werden nie in Kosmos leben können. Wozu denn forschen? Russen haben den Weltraum erforscht aber bisheute keine Autobahnen gebaut. Sollen sie lieber auf den Boden bleiben und ihr Leben erträglicher machen. Herr Wilp Was sagen Sie dazu?

Charles Wilp: Es ist doch nicht interessant, daß die Menschen im Weltraum leben, sondern daß die MenschHEIT weiterlebt, auch im physischen Sinne.

27.02.98, 15:55 Uhr

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Zwischenruf von Bischof: <abwägend> Die russische Raumfahrt braucht vor allem Geld, die westliche Raumfahrt (ESA & Co.) eher die Werbung, um das viele Geld, was sie ausgeben auch zu rechtfertigen ! Sind Sie der einzige Künstler bzw. ARTronaut?

27.02.98, 16:17 Uhr

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Sabine Rausch, Bielefeld: An Herrn Wilp: Versteh ich das richtig, das er die Menschheit in den Weltraum schicken will, wo es dann kein Krieg und Hunger mehr gibt ?!

27.02.98, 16:17 Uhr

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Charles Wilp: Die Menschheit wird nicht auf der Erde bleiben. Das heisst aber nicht, daß alle hochfliegen können und werden. Eine Raumstation hat im moment Platz für höchstens 20 Wissenschaftler; diese sind ausgewählt aus 3.000 Anwärtern. - Diese 20 werden aber die Menschheit retten, und sich Weltraum fortpflanzen, während sich die anderen mit RinderGAU und Atom-Super-GAU auseinandersetzen müssen, im Jahre 20xx.

27.02.98, 16:31 Uhr

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Charles Wilp: Ich bin wohl nicht der einzige ARTronaut, aber der einzige, der wirklich in der Schwerelosigkeit arbeitet, geprüft von der ESA auf Kammerflugtauglichkeit Klasse 3.

27.02.98, 16:39 Uhr

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Guido Hasselbach, Winterthur: Warum sind die Russen nicht in ESA Aktivitäten eingebunden? Könnte es nicht zu einer neuen Ost-West-Kooperation kommen, anstatt der alten "Mauermentalität": zu neuen Weltraumunion? Globalisierung auf dem Universalem Ebene (Universum)?

Dr. Achim Zickler: Zwischen der ESA und der russischen Raumfahrtagentur RKA existieren feste vertragliche Verbindungen. Beide Seiten haben sich vereinbart, daß Rußland zur Zeit noch nicht der ESA offiziell beitritt. Im Rahmen der Verträge arbeiten beide Länder auf dem Gebiet der Raumfahrt sehr eng zusammen, so z.B. für die neue internationale Raumstation, auf dem Gebiet der Mikrogravitationsforschung und anderen Fachgebieten. Von einer "Mauermentalität" kann man also beim besten Willen nicht sprechen. Die internationale Raumstation ist Ausdruck einer sehr breiten Zusammenarbeit von USA, Japan, Kanada, allen ESA-Staaten, Rußland, Ukraine und anderen.

27.02.98, 16:54 Uhr

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Ines Karschöldgen, Köln: Wie sieht für Sie idealerweise die künftige Gestaltung der Raumfahrt aus? Was sind konkret Ihre Visionen?

Dr. Achim Zickler: Man sollte die Raumfahrt der nahen und der fernen Zukunft unterscheiden. In der nahen Zukunft müssen alle eingesetzten Mittel für die Raumfahrt dem _un_mittelbaren Nutzen der Menschheit dienen, z.B. zur Voraussage von Klima, Unwetter, Erntevorhersagen, Kommunikation und ähnlichem. Immer jedoch sollte ein gewisser Finanzanteil der Zukunftsforschung vorbehalten bleiben, der hoffentlich bei Abarbeitung der unmittelbaren Probleme der Menschheit ansteigen wird. Daraus ergibt sich, daß in fernerer Zukunft Forschung zum menschlichen Erkenntnisgewinn mehr in den Mittelpunkt gelangen kann. Für diese zukünftigen Aufgaben muß aber schon an den Fragestellungen gearbeitet werden. Konkrete Visionen sind die Erforschung des Mars und anderer Himmelskörper; vielleicht sogar wieder der Mond als Basis für andere Forschungs- oder auch Produktionsfragestellungen.

27.02.98, 17:15 Uhr

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Dr. Achim Zickler: Nochmal eine Anmerkung zur Auswanderung in den Weltraum: (nach interner Diskussion mit Bernd v.d. Brincken:) Die Fragestellung kann nicht sein, daß die Menschheit in den Weltraum _flieht_, egal ob 20 oder 20.000 Leute, sondern auf der Erde müssen Bedingungen geschaffen werden, die das Überleben der Menschheit ermöglichen. Es ist gegenwärtig abzusehen, daß die Bedingung für das Überleben über die Zeitspanne eines ganzen menschlichen Lebens außerhalb der Erde nicht geschaffen werden kann.

27.02.98, 17:15 Uhr

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Bernd von den Brincken, Moderation: Charles Wilp baut zur Zeit noch seine Ausstellung auf, die um 18 Uhr im Studio Rothehausstraße 41, Köln, eröffnet wird. - Er wird seine Fragen dann noch beantworten.

27.02.98, 17:22 Uhr

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Bernd von den Brincken, Moderation: Ich vermisse noch einen Aspekt: Daß man einmal klar sagt, daß Raumfahrt einen _symbolischen_ Charakter hat. Ich denke an J.F.Kennedy, der 1961 emphatisch erklärte, daß man bis zum Ende des Jahrzehnts einen Menschen zum Mond schicken will. Sicher ging es da auch um den Nationalstolz. Aber: Ich denke es hat eine ganz konkrete _wirtschaftliche_ Intention, die auch funktioniert hat: Ein Beispiel zu setzen für visionäres Denken überhaupt, daß sich dann - über neue Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften - langfristig auch für den Staat in Form von Steuereinnahmen in barer Münze auszahlt. Also ein echtes Geschäft, daß einfach ein Denken in Kategorien von Marketing auf politischer Ebene bedeutet. DAS ist vielleicht ein echter Grund für Raumfahrtmissionen.

27.02.98, 17:33 Uhr

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Ines Karschöldgen, Köln: Gerne würde ich mehr über Ihre "familiären Beziehungen" zu Wernher von Braun wissen. Hat er Ihnen etwas über die V2 erzählt? Hat er Sie später in Ihrem künstlerischen Schaffen beeinflußt?

Charles Wilp: Familiäre Beziehung: Rudolf Nebel war gemeinsamer Lehrer von Wernher von Braun und mir, auf dem Gebiet der Raketenkonstruktion an der Kernforschungsanlage Jülich, 1953. Mit der Familie von Braun habe ich auch gemeinsame Weihnachten verbracht. Er hat die V2 als Vorstufe einer Mondrakete gesehen, nicht um die Erde zu zerstören, sondern daß möglichst viele Menschen die Möglichkeit bekommen, die Erde von oben zu sehen. Während der Saturn-5 Starts hat er mir gesagt: "Hier haben die alten Meister (der Malerei) geirrt: die Wolken sind nicht der 'Tanzboden der Engel', im Hinblick auf Tizians Madonnenbilder." Und ganz konkret wurde ich beim Eistest mit der Saturn 5 in der Kältekammer der NASA zu meinen späteren Afri-Cola Arbeiten inspiriert, das war 1964.

27.02.98, 18:05 Uhr

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amadeus, köln: hat nicht die tatsache daß sich weite kreise der menschheit auf ein überleben au ßerhalb der erde konzentriertihre ursache darin daß wir alle an der kränkelnden situation der erde direkt oder indirekt beteiligt sind unterschwellig sind wir alle genötigt unsere fürsorgepflicht für die erde zu verdrängen um ein "sogenanntes" sorgenfreies leben führen zu können.intuitiv meldet sich diese gefühl durch das forschen nach neuen lebensräumen zurück.genmanipulation klonen von organismen,kunstdüngung,massentierhaltung,suche nach lebensmöglichkeiten außerhalb der erde.

Dr. Achim Zickler: Ich teile Ihre Ansicht weitgehend. Die Hoffnung im außerirdischen Bereich das verlorengegangene "Paradies" wiederzufinden, bewegt weite Teile der Menschheit angesichts der ökologischen Probleme auf der Erde. Aber diese Probleme haben wir alle selbst verursacht und müssen sie auch gemeinsam lösen, wenn wir überleben wollen. Die Flucht in den dem menschlichen Leben feindlichen Weltraum könnte nur eine Lösung sein, wenn man dort Überlebenschancen für Generationen schaffen könnte. Heute und in absehbarer Zukunft ist das aber nur für einige Zeit und einige wenige Leute realisierbar. Wir würden uns wie Leute verhalten, die zwar einen Atomkrieg in einem Bunker überleben würden, auf der dann zerstörten Erde aber keine Bedingungen für die weitere Existenz vorfinden würden. Also: Nicht nach Möglichkeiten im Unrealen suchen, sondern die Bedingungen der Erde in den Griff bekommen.

27.02.98, 18:05 Uhr

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Charles Wilp: Zur Bemerkung des Moderators: Die Raumfahrt dient auch dazu, für das Überleben der MENSCHHEIT im Weltraum zu sorgen.

27.02.98, 18:24 Uhr

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ue j.hawk, commander: sehr großen dank an die veranstalter dieser konferenz, sie haben damit mut und phantasie bewiesen, zwei dinge, die ich mir manchmal öfter wünschen würde, auch auf der erde bei der lösung der uns noch bevorstehenden aufgaben.

28.02.98, 14:13 Uhr

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Bernd von den Brincken, Moderation: Herzlichen Dank an alle Beteiligten, die Podiumsgäste Charles Wilp und Achim Zickler haben je eine Flasche "Puschkin Black Sun" entgegengenommen (der als Raketentreibstoff allerdings nur bedingt geeignet ist). Besonderer Dank gilt Jürgen Christ und Cathrin Günzel in Leipzig, die uns die Möglichkeit eröffneten, mit netzforum.de zu arbeiten. Wir werden dies fortsezten, weitere Konferenzen sind im Abstand von 4 bis 6 Wochen geplant, mehr dazu jeweils unter www.kanka.de/aurora/ - dort finden sich auch LINKS auf verwandte Themen.

28.02.98, 14:19 Uhr

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